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Brotsalat und der Konsistenz-Dissens

Eine elegante Art, die Reste des nicht mehr ganz so frischen Brots zu verwerten, ist immer noch die Verwendung als Hauptdarsteller im Brotsalat. Und Brotreste fallen bei uns immer an, da wir gar nicht so wenig Brot einkaufen können, wie wir lediglich verbrauchen. Als ich neulich Brotsalat machte, wurde eine zentrale Frage sehr deutlich: Wie sollte das Brot im Brotsalat beschaffen sein? Sollte es also knusprig oder eher weich sein? 

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Gelesen: „The Art of Burger“

Burger gehören eigentlich nicht zu meinem alltäglichen Repertoire – weder zubereitend noch verzehrend. Gleichzeitig üben sie aber eine gewissen Faszination auf mich aus. Sie sind häufig schwierig zu essen; sowohl mit den Händen als auch mit Messer und Gabel gelingt es in der Regel nicht, den Brötchenturm sauber, im Ganzen und ohne ästhetisches Debakel auf dem Teller zu verspeisen. Gleichzeitig verbreiten sie oftmals einen höchst anregenden Duft und sehen in ihrer unangetasteten Gestalt verführerisch aus. Gut gelungen, bieten sie eine spannende Mixtur aus Geschmack und Textur im Mund.

Als ich das Buch „The Art of Burger“ entdeckte, ergriff mich eben diese Ambivalenz. Doch nach mehreren gedanklichen Touren erstand ich das Buch, da es einen ungewöhnlichen Blick auf den Burger und dessen Zubereitung versprach.

Die Rezepte stammen von Jens Fischer, den mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Chefkoch des Restaurants „Das Jungborn“ in Bad Sobernheim. Die sehr ästhetischen, schönen und faszinierenden Fotografien wurden von der Foodfotografin Maria Brinkop erstellt. Das Buch hat ein Format, das gut in der Hand bzw. auf dem Tisch liegt. Das verspielt Wirkende der Rezepte wird durch die Gestaltung mit verschiedenen Typen und Seitenaufteilungen unterstrichen.

Das Buch teilt sich in mehrere Abteilungen auf. Nach einleitenden Hinweisen rund um das Herstellen von Burgern folgen Grundrezepte. Es wird nämlich nicht davon ausgegangen, die im Supermarkt erhältlichen weichen Burgerbrötchendinger zu verwenden, sondern die Gebäckklammern selbst zu backen. So ermuntern die Rezepte nicht nur zum Anfertigen normaler Burgerbrötchen, sondern auch insbesondere von Blinis, Brioche-Brötchen, Oliven-Focaccia und – als deftige und gesunde Variante – Vollkornbrötchen. Die Rezepte verlangen Zeit; hier wird Vorteigen, Quellteigen und Teigkugeln Zeit zum Gehen gegeben. Eine weitere Art der Grundrezepte gibt Anregungen für das Herstellen von Dressings und Saucen – vom Caesar-Dressing über Mayonnaise bis zur Sauce Tartare.

Bevor die eigentlichen Burgerrezepturen dran sind, gibt es eine Gebrauchsanweisung. Ein Symbolsystem weist den Schwierigkeitsgrad der Rezepte aus sowie die Zutatengruppen (z.B. Schwein, Fisch, süß oder Gemüse). So erhält man beim Betrachten der Rezepte einen schnellen Überblick.

Inhaltlich kommen die Rezepte mit spannenden, teilweise skurril wirkenden Kombinationen daher. Sehr spannend finde ich beispielsweise den Burger namens Main Tower. Hierbei werden Tranchen von im Sud gegarten Tafelspitz, Frischkäsecreme mit gemischten Kräutern, Kräutersalat, Salatgurke und Ei zwischen Burgerbrötchen geschichtet. Auch der Bismarck-Burger hat es mir angetan, für den zwischen Pumpernickelscheiben eine selbstgemachte Mayonnaise, Heringsfilets, Gewürzgurke, Zwiebel und Ei geschichtet werden. Probieren werde ich sicherlich auch den Burger Breakfast @ Tiffanys, der zwischen die Brötchenhälften Chesterkäse, Tomaten, Nürnberger Würstchen, Eierkuchen, Speck und Salat schichtet.

Für die eigene kreative Ader liegt dem Buch ein Burger-Kit bei, das aus einem großen, bedruckten Papierbogen besteht, aus dem sich Zutatenkarten herausgeschnitten werden können. Diese Karten kann man sich der eigenen Rezeptur entsprechend zusammenstellen und mit einem Bindfaden o.ä. zusammenbinden (wenn man dies möchte).

Wer sich an den Rezepten des Buches ausprobieren möchte, sollte bereits etwas Kocherfahrung besitzen und eine damit grundsätzlich vorhandene Gelassenheit. Gewisse Grundfertigkeiten und -kenntnisse sind meines Erachtens schon notwendig, um den Rezeptdarstellungen gedanklich folgen und die notwendige Arbeit antizipieren zu können. Dies ist auch der Grund, weshalb ich das Buch nach dem Kauf, der jetzt auch schon mindestens ein Jahr her ist, zunächst zur Seite legte. Mit meinem jetzigen Erfahrungshintergrund fühle ich mich jedoch eher gewappnet und spüre Motivation und Lust, mich an die Rezepturen heranzuwagen und die Schichtanleitungen auszuprobieren. Über meine Erfahrungen dabei werde ich hier auf dem Blog natürlich berichten.

“The Art of Burger“ als Kochbuch zu bezeichnen, wird dem Charakter des Werkes nicht umfänglich gerecht. Es geht über das Entfalten von Rezepturen hinaus. Als Buch wirkt es gleichermaßen kunstvoll. Ich würde es aufgrund der fotografischen und stilistischen Gestaltung in dem vom PhotoBookMuseum geprägten Verständnis als Photobook bezeichnen. Damit könnte es trotz seiner kompakten Größe im positiven Sinne als Coffee Table Book glänzen und die unkonventionelle Perspektive auf Burger auf Lesende in Sesseln und auf Sofas weitertragen.

 

Jens Fischer (Rezepte) / Maria Brinkop (Fotografien):
The Art of Burger
Neustadt an der Weinstraße 2014: Neuer Umschau Buchverlag